"Ein radikal subjektiver Blick in die leeren Fußballstadien, die sonst niemand zu Gesicht bekommt."
Der bekannte Fotograf Michael von Hassel gehört auf dem Spielfeld der Kunst in die vorderste Linie der fotografischen Bilderfinder. Seine Sujets verbindet vor allem eins: Sie sind a priori alles andere als klassische Themen künstlerischer Fotografie.
Im Ergebnis entstehen hyperrealistische Werke, die eine fremdartige, aber gleichwohl faszinierende Bildwirkung entfalten. Der ursprüngliche Bildgegenstand bleibt sichtbar bestehen, aber verwandelt sich und gewinnt in einer ästhetischen Metamorphose eine geradezu magische Aura. Man sieht auf seinen Bildern mehr und intensiver als man selbst mit eigenen Augen sehen würde, stünde man am Ort seiner Aufnahmen.
Alle 36 Stadien der 1. und der 2. Bundesliga wurden nachts als menschenleere, hell erleuchtete und auf wundersame Weise verzauberte Orte abgebildet. Bei aller Verlassenheit wirken die Stadien dennoch energiegeladen mit einer geheimnisvollen Verheißung bevorstehender Ereignisse. So werden die Kathedralen des Fußballsports endlich als solche sichtbar.
Was vorher lediglich beleuchtet wurde, wird nun selbst zum Lichtsubjekt. Was eigentlich als Fußballarena nur einen Austragungsort für sportliche Wettkämpfe darstellt, wird plötzlich selbst zur rasanten Aktionsfläche mit packenden Kurvenfahrten und greller Illumination: eine fotografische Achterbahnfahrt durch ein unbekanntes Fantasialand des Fußballs.
Die letzten fünf Jahre über hat Hassel an dieser Serie gearbeitet. Das war teilweise fürchterlich kompliziert und aufwendig. Viele Stadien konnte er nur im Winter (denn hier wird überhaupt nur das Licht genutzt) und nach einem Abendspiel und nachdem das Publikum das Stadion verlassen hatte portraitieren. Das bedeutete allerdings oft, dass er wochenlang den verbliebenen Müll aus den Bildern heraus retuschieren musste. Mit vielen Stadien musste erst fürchterlich aufwendig die Situation der „Rechte“ geklärt werden. Aber am Ende ist eine bisher einzigartige Serie entstanden. So hat man die oftmals heiligen Kathedralen des Sports noch nie gesehen.
- Henry C. Brinker -
(Kunsthistoriker)